Leitfaden

Herausforderung: Schule - „Je weniger Schule, umso besser!“

Die Konfi-Zeit ist kein Unterricht

„Konfi macht Spaß, finde ich. Da ist es viel lockerer als in der Schule. Wir reden auch mal über persönliche Sachen und machen Spiele und so. Wir treffen uns immer im Gemeindehaus und da steht auch ein Kicker. Meistens bin ich schon vorher da. – Sonst sehe ich die anderen nicht so oft, weil viele nicht auf die gleiche Schule gehen wie ich.“

Schule nimmt im Leben der Jugendlichen viel Raum, viel Zeit und viel Bedeutung ein. Jugendliche wollen, sollen und müssen Bedeutungen für ihr Leben suchen, ausprobieren, verwerfen und gewinnen. Dies ist heute oft in der Schule immer weniger möglich, da Schule heute immer mehr beschleunigt und standardisiert. Sie wird als widersprüchlich und vieldeutig erlebt. Sie ist ein Bildungsraum für die Auseinandersetzung mit verschiedenen Weltzugängen, sie ist ein Erziehungs- und Erfahrungsraum, sie ist ein Raum der Peergroup-Kultur, sie ist aber auch ein Raum, der bestimmt wird durch Leistung und Status-Erwerb und früh zum Selektionsraum wird, der zukünftige Lebens­optionen ermöglicht oder verbaut. Schule kann aber auch sinnstiftend und stabilisierend sein, sie ist für Jugendliche ein zutiefst ambivalenter Raum.

Obwohl Schule immer mehr zum vorrangigen Lebensraum der Jugendlichen wird, ist dieser oft fremdbestimmt. Gerade im 7./8. Schuljahr findet häufig ein Rückgang der Schulfreude statt. Die Jugendlichen lösen sich von der Erwachsenenwelt. Sie lösen sich von Institutionen, dazu gehört neben der Schule auch die Kirche, beide stehen für die Jugendlichen auf der Seite der Alten, der Erwachsenen, des Herkömmlichen. Kirche kann diesem Bedeutungsverlust entgegenwirken, indem sie der Peer-Kultur in der Konfi-Zeit einen möglichst großen Raum bietet. Nicht umsonst sind es besonders die Freizeiten, die sich bei Jugendlichen höchster Attraktivität erfreuen. Hier sind die Jugendlichen auf „Urlaub ohne Eltern“. Sie können Teil einer Gemeinschaft sein, ohne sich über Leistung definieren zu müssen.

Jugendliche brauchen in der Konfi-Zeit besondere Räume. Die Räume müssen keine exklusiv für Konfis reservierten Räume in einem Gemeindehaus sein, aber es sind Räume, die in einem anderen Nutzungskontext stehen als schulische. Hier wuseln auch die Kinder der Krabbelgruppe, trifft sich der KV, singt der Chor. Die Räume, in denen Konfis sich treffen, sind Räume mit Verknüpfungen in das Gemeindeleben. Auch der Kirchraum gehört dazu. Sakrale Räume wirken in ihrer besonderen Gestaltung und üben eine Faszination auf Jugendliche aus.

Jugendliche beherrschen ihre Rolle in der Schule, sie sind Profis als Schüler/innen. Diese Rolle gibt Jugendlichen Handlungssicherheit. Sie wissen, was sie erwarten können von den Lehrenden und wissen, was von ihnen erwartet wird. Diese Handlungssicherheit hilft Jugendlichen in einem für sie zum Teil fremden Kontext wie der Kirchengemeinde. Auch für Pfarrer/-innen ist die Lehrerrolle ange­nehm, da sie in der Regel für ein funktionales Unter­richtsklima in der Konfi-Gruppe sorgt, wenn dies in der Regel auch zu einem Frontalunterricht führt. Die Jugendlichen aus ihrer Schülerrolle herauszulocken, ohne ihnen die Handlungssicherheit zu nehmen, ist eine Herausforderung. Das kann dann gelingen, wenn die Jugendlichen sich willkommen fühlen, wenn sie erkennen können, dass es nicht die Leistung ist, die zählt, wenn sie erleben, dass sie als Person respektiert werden.

Konfi-Zeit braucht Zeit. Entwicklungsprozesse der Konfi-Zeit brauchen andere Zeitformen als die an den Schulunterricht erinnernden wöchentlichen Treffen für 90 Minuten: Blocktage, Konfi-Samstage, Freizeiten, Exkursionen, Projekte, Konfi-Nächte, Konfi-Frühstücke und andere mehr. Offene Arbeitsformen ermöglichen andere Formen des Lernens. Diese Zeiten unterscheiden sich vom Rhythmus der Schulstunden und dem Alltag in der Schule. Deshalb lohnt es, in der eigenen Gemeinde und im eigenen Dekanat nach Möglichkeiten zu suchen, Zeiten für Konfis zu öffnen.

Konfi-Zeit ist eine der wenigen Bildungsveran­staltungen, die ihre Teilnehmenden nicht separiert. Diese Heterogenität nicht als Belastung, sondern als Vielfalt zu erfahren und zu schätzen, ist eine große Herausforderung. Die Heterogenität der Konfirmandenarbeit spiegelt sich in Bildungsniveaus, sozialer Herkunft, Frömmigkeit, Familienstrukturen und anderem mehr. Genau hinschauen, den Einzelnen wahrnehmen in seiner Eigenheit, das ist ein erster wichtiger Schritt. Für die Jugendlichen ist es wichtig zu erfahren, dass sie in der Kirche nicht nach Leistung oder Herkunft selektiert, d.h. bewertet werden, sondern alle zu einer Konfi-Gruppe gehören.

Unter bestimmten Bedingungen können Konfi-Angebote im Nachmittagsbereich der Schule trotz­dem sinnvoll sein. Das ist im Einzelfall gemeinsam mit allen Beteiligten und den Ansprechpersonen im Dekanat zu prüfen.

Schule gehört zum Leben von Jugendlichen dazu. Für die Konfi-Zeit entscheiden sie sich freiwillig und bewusst. Die Konfi-Zeit ist ein zeitlich begrenztes Projekt mit dem Ziel der Feier der Konfirmation. Sie kann gelingen, wenn die Jugendlichen Zeit und Raum haben zum Suchen und Ausprobieren, zum Verwerfen und Annehmen.